Die Betriebsparteien streiten darüber, ob der Betriebsrat der vorgesehenen Einstellung einer Assistentin für die BR-Arbeit wirksam widersprochen hat. Unstreitig blieb, dass der Ladung zur entsprechenden Sitzung des Betriebsrats, in der dieser in einer Abstimmung der Einstellung der Assistentin zugestimmt, zugleich ihrer Eingruppierung jedoch widersprochen hatte, keine Tagesordnung beigefügt war.
Das erstinstanzliche Gericht war daher davon ausgegangen, dass die vorgenommene Abstimmung des Betriebsrats unwirksam war und deshalb von einer Zustimmungsfiktion auch zur Eingruppierung auszugehen sei.
Das Landesarbeitsgericht hat diese Entscheidung abgeändert und in der Sache die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung ersetzt. Es hat jedoch auch klargestellt, dass der Widerspruch gegen die Eingruppierung zunächst formal wirksam war. So hatte der Betriebsrat zur Frage der Einstellung und Eingruppierung nicht getrennt, sondern in einem Abstimmungsvorgang abgestimmt. Nach Einschätzung des Landesarbeitsgerichts bedürfe es aber keiner getrennten Abstimmung. Solange sich feststellen lasse, dass tatsächlich über beide Tagesordnungspunkte ein Beschluss gefasst wurde, sei gegen eine einheitliche Abstimmung nichts einzuwenden. Zudem spräche auch nichts dagegen, das Abstimmungsergebnis zu beiden Punkten zusammengefasst in der Niederschrift zu dokumentieren, sofern alle anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig zugestimmt hätten. Ebenso wenig sei es erforderlich, über die Ergänzung der Tagesordnung getrennt abzustimmen. Hierzu sei es vielmehr ausreichend, dass niemand der Beschlussfassung über den neuen Tagesordnungspunkt widerspricht. Damit sei die fehlende Tagesordnung wirksam geheilt und in zulässiger Weise ein Beschluss über die Einstellung und die Eingruppierung gefasst worden.
Hinweis von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher
Die Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine fehlende Tagesordnung durch einstimmige Beschlussfassung aller anwesenden Betriebsratsmitglieder in der Sitzung nachträglich aufgestellt werden kann. Sofern sich die Betriebsratsmitglieder also über die Ergänzung der Tagesordnung einig sind, kann danach über den Tagesordnungspunkt abgestimmt werden, wobei dann die einfache Mehrheit der anwesenden und beschlussfähigen Betriebsratsmitglieder ausreichend ist. Eine Besonderheit im vorliegenden Fall lag darin, dass nicht gesondert über die Ergänzung der Tagesordnung abgestimmt wurde. Dies war jedoch unschädlich, weil insgesamt ein einstimmiges Abstimmungsergebnis vorgelegen hat und insofern das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass in diesem Fall die Ergänzung der Tagesordnung und die entsprechende Beschlussfassung gemeinsam abgestimmt worden sind.
Wichtig ist auch die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass ein wegen der Arbeit in der Nachtschicht fehlendes Mitglied des Betriebsrats keine Verpflichtung zur Ladung des Ersatzmitglieds auslöst. Insofern hat das Gericht festgestellt, dass weder die Tätigkeit in der Nachtschicht, noch etwa eine Abwesenheit aufgrund Tätigkeit im Home-Office einen Fall der Verhinderung darstellt und insofern der Anwendungsbereich von § 29 II 6 BetrVG nicht eröffnet sei.
Gericht: LAG Thüringen
Az: 1 TaBV 25/21
Datum: 24.10.2023