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  • AutorenbildNorbert Gescher

BAG: Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruchs

Streitgegenständlich ist die Klage des früheren Ausbildungsleiters einer Flugschule auf Zahlung von Urlaubsabgeltung. Vom 09.06.2010 bis zum 19.10.2015 bestand zwischen den Parteien ein Anstellungsverhältnis mit einem vertraglich vereinbarten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Diesen Jahresurlaub hatte der Kläger jeweils nicht in Anspruch genommen. 

Danach war der Kläger als selbstständiger Dienstnehmer für die Beklagte tätig. Im August 2019 erhob er Klage auf Abgeltung seines Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 i.H.v. 37.416,50 EUR. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.  

Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, hat das BAG jetzt der Klage im Wesentlichen stattgegeben und nur die Urlaubsabgeltung für 2015 als verjährt angesehen. 

Die Entscheidung schließt sich an die Rechtsprechung des Senats vom 20.12.2022(Az: 9 AZR 266/20) an, wonach Urlaubsansprüche zwar verjähren können, die dreijährige Verjährungsfrist jedoch erst am Ende desjenigen Kalenderjahres beginnt, in dem der Arbeitgeber seinerseits alles Erforderliche getan hat, um dem Arbeitnehmer die Inanspruchnahme des Urlaubs zu ermöglichen.  

Dazu muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch informieren, ihn auffordern, seinen Urlaub tatsächlich zu nehmen und auf den anderenfalls eintretenden Verfall des Urlaubs hinweisen.  

Zudem kann nach dem BAG bei einer verfassungs- und unionsrechtskonformen Anwendung der Verjährungsregelungen die Verjährungsfrist nicht beginnen, solange eine Klageerhebung aufgrund einer gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zumutbar ist. 

Deshalb könne von dem Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 19.10.2015 nicht erwartet werden, seinen Anspruch auf Abgeltung des bis dahin nicht gewährten Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 gerichtlich durchzusetzen, da der Senat damals noch davon ausging, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch unabhängig von der Erfüllung von Mitwirkungsobliegenheiten automatisch verfalle. 

Demgegenüber sei der Anspruch des Klägers auf Abgeltung von Urlaub aus seinem letzten Anstellungsjahr (2015) verjährt. Insofern sei nämlich bereits auf Grundlage der früheren Rechtsprechung erkennbar gewesen, dass Urlaub aus dem Jahr, in dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, abzugelten ist. Die dreijährige Verjährungsfrist begann für das letzte Anstellungsjahr deshalb Ende des Jahres 2015 und endete mit Ablauf des Jahres 2018.  

 

Hinweise von Dr. Norbert Gescher:


Das Ergebnis überrascht zunächst, weil die jüngste Forderung demnach verjährt ist, die noch älteren Forderungen auf Urlaubsabgeltung aber nicht verjährt sind. 

Die Entscheidung liefert aber eine wichtige Abgrenzung für die Beurteilung paralleler Sachverhalte. Erst nachdem der EuGH mit Urteil vom 06.11.2018 (Az: C-684/16) neue Regeln für den Verfall von Urlaub bei fehlender Mitwirkung des Arbeitgebers vorgegeben hatte, sind Kläger gehalten, Abgeltung für die davor liegenden Urlaubsjahre gerichtlich geltend zu machen. 

 

Gericht: BAG

Az: 9 AZR 456/20

Datum: 31.01.2023

 

 

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