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BAG: Kein Urlaubsverzicht durch Prozessvergleich

  • Autorenbild: Paula Diegelmann
    Paula Diegelmann
  • 15. Juni
  • 2 Min. Lesezeit

Streitgegenständlich vor dem Bundesarbeitsgericht war die Frage, ob durch einen gerichtlich geschlossenen Vergleich wirksam auf den gesetzlichen Mindesturlaub verzichtet werden kann.

Der Kläger ist bei der Beklagten vom 01.01.2029 bis 30.04.2023 als Betriebsleiter tätig gewesen. Im Jahr 2023 ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestand dabei von Beginn des Jahres 2023 an und reichte bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 30.04.2023. Die Arbeitsunfähigkeit hatte dabei zur Folge, dass der Kläger seinen Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2023 nicht in Anspruch nehmen konnte. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte durch einen zwischen den Parteien am 31.03.2023 geschlossenen Prozessvergleich. Dieser sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung i.H.v. 10.000 € zum 30.04.2023 vor. Hinzukommend erhielt der Vergleich in Ziffer 7 die Regelung, dass „alle Urlaubsansprüche in natura gewährt“ seien.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Abgeltung der noch 7 offenen Tagen seines gesetzlichen Mindesturlaubs in Höhe von 1.615,11 € nebst Zinsen. Sein Begehren stützt der Kläger auf die Unwirksamkeit des am 31.03.2023 geschlossenen Prozessvergleiches.

Das BAG gab dem Kläger Recht; der Kläger habe gem. § 7 IV BUrlG ein Anspruch auf Abgeltung seines gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs aus dem Jahr 2023 in Höhe der noch 7 offenen Tage. Eine Vereinbarung, welche den Ausschluss von gesetzlichen Mindesturlaub nach § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG regle, sei nach Ansicht des BAG im Sinne des § 134 BGB unwirksam. Darunter falle nach Ansicht des BAG sowohl der bereits entstandene gesetzliche Mindesturlaub, sowie zukünftige gesetzliche Urlaubsansprüche, welche entstehen, bis das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet ist. Dies ist nach Ansicht des BAG auch dann der Fall, wenn der gerichtliche Vergleich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung vorsieht. Irrelevant ist dabei, ob bei Abschluss des Vergleiches bereits die Gewissheit vorliegt, dass der Arbeitnehmende seinen gesetzlichen Urlaub aufgrund von Krankheit nicht mehr nehmen kann.

Auch ein Tatsachenvergleich, auf welchem die Regelung des § 13 Abs. 1 S. 3 BurlG nicht anzuwenden wäre, ist für solche Zeiträumen ausgeschlossen, in welcher eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmenden besteht, da durch die bestehende Arbeitsunfähigkeit kein für ein Tatsachenvergleich bestehende Unsicherheit über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruches vorliegt.


Hinweis von Paula Diegelmann:


Die Entscheidung des BAG verdeutlicht, dass Arbeitsgeber aufgrund der Regelungen von §§ 4 Abs. 4, 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG sowie unter Anwendung von Unionsrecht, keinen wirksamen Vergleich schließen können, nach welchen Arbeitnehmende wirksam auf ihren gesetzlichen Mindesturlaub verzichten können. Durch Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 1003/88/EG kann eine Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nur bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stattfinden. Eine Regelung, dass der Arbeitnehmende auf seinen gesetzlichen Mindesturlaubs bereits im bestehenden Arbeitsverhältnis verzichtet, ist demnach nicht möglich. Auch ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub des Arbeitnehmenden ohne einen finanziellen Ausgleich kann nicht gestattet sein.


Gericht:             Bundesarbeitsgericht

Az.:                    9 AZR 104/24

Datum:              03.06.2025

 
 
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