LAG Hessen: Wege- bzw. Umkleidezeiten auf Flughafengelände keine vergütungspflichtige Arbeitszeit
- Paula Diegelmann

- 19. Aug.
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Streitgegenständlich ist die Frage gewesen, ob Wege- bzw. Umkleidezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen sind.
Der Kläger ist seit dem 27.10.1999 bei der Beklagten, einer Flughafenbetreiberin, zuletzt als Fahrer im Fahrzeugpool beschäftigt. Der Arbeitsort des Klägers, Gebäude 414, befindet sich innerhalb des Sicherheitsbereiches auf dem Betriebsgelände des Flughafens. Um an seinem Arbeitsort zu kommen, muss sich der Kläger zunächst eine Sicherheitskontrolle unterziehen. Diese findet an einem vom Kläger beliebig ausgewählten Kontrollpunkt auf dem Betriebsgelände statt. Für das Passieren des Kontrollpunktes ist in der Betriebsvereinbarung Kleiderordnung eine Kontrolldauer von acht Minuten vorgesehen. Die Kontrolldauer stellt nach der einschlägigen Betriebsvereinbarung keine Arbeitszeit dar. Lediglich bei Verzögerungen seien die Kontrollzeiten als Arbeitszeit zu vergüten. Das Tragen von Dienstkleidung auf dem Betriebsgelände ist durch den Kläger nicht erforderlich; ausschließlich das Tragen einer gelben Warnweste, welche den Namen der Beklagten aufweist, ist dem Kläger auf dem Betriebsgelände vorgeschrieben. Nach dem Passieren des Kontrollpunktes nutzt der Kläger die von der Beklagten zur Verfügung gestellten Shuttlebusse, um an seinem Arbeitsort (Gebäude 414) zu gelangen. Für das Anlegen der Dienstkleidung stellt die Beklagte den Mitarbeitenden am Arbeitsort des Klägers Umkleiden zur Verfügung. Erst nach dem Anlegen der Dienstkleidung ist der Kläger zur Betätigung des Arbeitszeitterminals berechtigt. Auch bei der Beendigung seiner Schicht muss der Kläger zunächst das Arbeitszeitterminal betätigen. Erst danach erfolgt der Austausch der Dienstkleidung gegen die Privatkleidung und das Anlegen der Warnweste. Für das Umkleiden vor und nach der Arbeitsschicht lässt die Beklagte ihren Mitarbeitenden jeweils pauschal fünf Minuten anrechnen. Die Mitarbeitenden können jedoch ebenso frei entscheiden, ihre Tätigkeit zehn Minuten früher zu beenden und das Arbeitsende nach den Umkleidezeiten in Privatkleidung zu dokumentieren. Eine Vergütung von Wege- und Umkleidezeiten zwischen dem Betreten des Betriebsgeländes und dem Passieren der Arbeitszeiterfassung ist weder im Arbeitsvertrag noch im anzuwendenden TVöD-F vorgesehen.
Der Kläger beantragte festzustellen, dass es sich bei seinem Schichtbeginn vom Eintreffen an dem vom Kläger passierten Kontrollpunkt bis zum Zeiterfassungsterminal im Gebäude 414 sowie bei seinem Schichtende ab dem Zeiterfassungsterminal im Gebäude 414 bis zum Verlassen des Betriebs am entsprechenden Kontrollpunkt um eine vergütungspflichtige Arbeitszeit handelt.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Das LAG Hessen sah die Berufung des Klägers als nicht begründet an. Nach Ansicht des LAG Hessen stelle der Weg zur Arbeit hin und zurück keine fremdnützige Tätigkeit dar, weshalb der Arbeitgebende diese nach § 611a Abs. 2 BGB nicht zu vergüten habe. Auch das Tragen einer Warnweste, welche den Aufdruck des Namens der Beklagten aufweist, ändere nichts an der Tatsache, dass keine fremdnützige Tätigkeit vorliege. Vielmehr würden die Weisungen des Arbeitgebenden lediglich dem Ziel dienen, im Interesse der Betriebssicherheit die öffentliche Ordnung des sicherheitsrelevanten Bereiches aufrecht zu erhalten. Das LAG Hessen betonte, dass die Arbeit nicht bereits mit dem Betreten des jeweiligen Betriebsgelände erfolge; dem Arbeitgeber stünde es nach § 106 GewO offen, einen Ort vorzugeben, an welchem die tägliche Arbeit aufzunehmen sei. Das der Kläger hierbei bestimmte Vorgaben durch die Beklagte einzuhalten und zu befolgen habe, worunter unter anderem das Passieren des Kontrollpunktes oder die Nutzung des Shuttleservices falle, ändere nichts an der Tatsache, dass die Arbeit erst beginne, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit aufnehme.
Hinweise von Paula Diegelmann:
Das Urteil des LAG Hessens verdeutlicht, dass es sich bei dem Weg zur Arbeitsstelle, als auch bei dem Weg von der Arbeitsstelle an den privaten Wohnort des Arbeitnehmenden um die private Lebensführung der Arbeitnehmenden handelt. Das LAG Hessen verweist hierbei auf die Rechtsprechung des BAG, nach welcher Arbeit jede Tätigkeit ist, die der ausschließlichen Befriedigung fremder Bedürfnisse dient und somit den alleinigen Interessen des Arbeitgebers unterliegt.
Gericht: LAG Hessen
Az.: 10 SLa 564/24
Datum: 31.01.2025