In einem Rechtstreit darüber, ob eine Kündigung bereits deshalb unwirksam ist, dass die erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht durchgeführt wurde, richtet der 6. Senat an den 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts folgende Anfrage:
"Wird an der seit dem Urteil vom 22. November 2012 (- 2 AZR 371/11 -) vertretenen Rechtsauffassung festgehalten, dass eine Kündigung als Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot iSd. § 134 BGB verstößt und die Kündigung deshalb unwirksam ist, wenn bei ihrer Erklärung keine wirksame Anzeige nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG vorliegt?"
Hintergrund dieser Anfrage ist die Absicht des 6. Senats, seine Rechtsprechung aufzugeben, wonach eine Kündigung als Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot iSd. § 134 BGB verstößt und die Kündigung deshalb unwirksam ist, wenn bei ihrer Erklärung keine wirksame Anzeige nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG vorliegt.
Hinweise von Dr. Norbert Gescher:
Der 6. Senat beabsichtigt, von der Rechtsprechung des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts abzuweichen, die dieser seit dessen Urteil vom 22. November 2012 (- 2 AZR 371/11 – BAGE 144, 47) vertritt. Nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG erfordert dies eine entsprechende Nachfrage, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält. Bis zur Entscheidung des 2.Senats wird die Verhandlung entsprechend § 148 Abs. 1 ZPO ausgesetzt. Sollte die Rechtsprechung geändert werden, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf Kündigungen im Rahmen von Massenentlassungsverfahren. Das entsprechende Anzeigeverfahren beinhaltet zwar nur die Erfüllung formaler Anzeigepflichten, wird in der Praxis aber häufig fehlerhaft oder gar nicht durchgeführt. Für die betroffenen Beschäftigten würde dadurch ggfls. eine Möglichkeit entfallen, sich gegen ihre Kündigungen zu wehren.
Gericht: BAG
Az: 6 AZR 157/22 (B)
Datum: 14.12.2023