Im Verfahren vor dem VG Hamburg stritten die Parteien über die behördliche Aufforderung der Beklagten, eine zukünftige Arbeitszeiterfassung im Betrieb der Klägerin am Standort Hamburg aus Anlass des Arbeitsschutzes einzuführen.
Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage, die arbeitnehmerschutzrechtliche Anordnung aufzuheben.
Die Ausgangssituation im Betrieb der Klägerin stellte sich wie folgt dar:
Alle bei der Klägerin bis zur Teamleiterebene beschäftigten Personen verfügten über verschiedene Arbeitszeitmodelle, bei denen die Höchstarbeitszeit bei einer 40-Stunden-Woche liege. Die Dokumentation der täglichen Arbeitszeit würde nach Angaben der Klägerin im Regelfall auf fünf Arbeitstage pro Woche (Montag bis Freitag) aufgeteilt sein und durch die Beschäftigten eigenständig erfolgen. Dienstpläne bestünden nicht, vielmehr würden in den einzelnen Abteilungen Absprachen über die Verteilung der Arbeitszeiten vorgenommen werden.
Für die Team- als auch Abteilungsleiterebene sei eine 40-Stunden-Woche im Betrieb vorgesehen. Anders als die anderen Beschäftigten würden die Team- und Abteilungsleiter nicht an der Zeiterfassung teilnehmen, sondern im Rahmen einer Vertrauensarbeitszeit tätig werden.
Durch eine anonyme Beschwerde an die Beklagte mit dem Hinweis, dass bei der Klägerin regelmäßig im Bereich „Einkauf“ Sonntagsarbeit geleistet werde und es zu arbeitszeitrechtlichen Verstößen bei der täglichen Arbeitszeit komme, nahm die Beklagte eine unangekündigte Betriebsbesichtigung vor. Bei dieser stellte die Beklagte fest, dass ein Drittel aller Beschäftigten am Standort Hamburg in Vertrauensarbeit tätig seien und keine Arbeitsaufzeichnungen vorgenommen werde.
Mit einem Bescheid erließ die Beklagte daraufhin die Anordnung gegenüber der Klägerin, in Zukunft eine Aufzeichnung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten der Beschäftigten vorzunehmen, aus welcher mindestens der Arbeitsbeginn und das Arbeitsende als auch die Dauer der täglichen Arbeitszeit hervorgehen solle.
Bei seiner Entscheidung orientierte sich das VG Hamburg an der Rechtsprechung des BAG, nach welcher Arbeitgeber durch die Rahmenvorschrift § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG dazu verpflichtet sind, den Beginn als auch das Ende der täglichen Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu erfassen. Dies diene neben der Sicherstellung der Einhaltung von Höchstarbeitszeiten auch dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten und folglich dem Gesetzeszweck des § 1 Abs. 1 S. 1 ArbSchG. Bereits bestehende oder noch zu regelnde rechtlichen Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und seinen Beschäftigten, beispielsweise in Form von Betriebsvereinbarungen, haben bei der Einführung von Zeiterfassungssystemen keine Relevanz. Eine Ausnahme bezüglich der Einführung von Zeiterfassungssystemen liegt allerdings vor, wenn der Gesetzgeber eine abweichende Regelung auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 1 RL 2003/88/EG und den Vorgaben in Art. 3, 5 u. 6 lit. b. RL 2003/88/EG getroffen hat.
Hinweise von Paula Diegelmann:
Das Urteil des VG Hamburg folgt inhaltlich der bereits vorliegenden Entscheidung des BAG, welche den Arbeitgeber zur Einführung eines Zeiterfassungssystems verpflichtet. Somit stellt das Urteil des VG Hamburg zum einen einen weiteren wichtigen Bestandteil im Hinblick auf den Arbeitsschutz von Arbeitnehmern dar, zum anderen verdeutlicht das Urteil die Umsetzung des Unionsrechtes auf nationaler, insbesondere auf landesrechtlicher Ebene. Denn nur durch eine Dokumentation der täglichen Arbeitszeit, einschließlich des Arbeitsbeginns und der Arbeitsbeendigung kann die tatsächlich durch den Arbeitnehmer geleistete Arbeitszeit erfasst und dem Arbeitsschutz des Arbeitnehmers entsprechende Rechnung getragen werden.
Gericht: VG Hamburg
AZ: 15 K 964/24
Datum: 21.08.2024
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