In diesem Verfahren klagte ein Mitarbeiter, der seit 2017 im Wege der Arbeitnehmerüberlassung eingesetzt war, auf Feststellung des Bestehens eine Beschäftigungsverhältnisses mit dem Entleiher. Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass der Kläger vom 16. Juni 2017 bis zum 6. April 2022 zwar durchgängig als Leiharbeitnehmer mit der Kommissionierung von Produkten betraut und am selben Einsatzort tätig war. Die ursprüngliche Entleiherin hatte sich jedoch 2018 in eine Produktions- und eine Logistikgesellschaft aufgespalten. Infolgedessen war der Kläger ab dem 1. Juli 2018 an das Logistikunternehmen entliehen.
Da eine tariflich abweichende Regelung hier nicht zum Tragen kommt, richtet sich die Entscheidung nach § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG. Demnach darf der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate „demselben Entleiher“ überlassen.
Der Kläger macht geltend, bereits zum 16. Dezember 2018 sei die gesetzliche Überlassungshöchstdauer überschritten worden, da das Produktionsunternehmen und die ausgegliederte Betriebserwerberin im Sinne des Gesetzes als derselbe Entleiher anzusehen seien. In erster Instanz war der Kläger mit dieser Ansicht unterlegen. Auf seine Berufung hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 16. Juni 2021 ein Arbeitsverhältnis besteht. Dagegen haben der Kläger und die Beklagte Revision eingelegt.
Das Bundesarbeitsgerichts hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH zur Klärung von Fragen zur Auslegung der Betriebsübergangs-Richtlinie 2008/104/EG ersucht. Insbesondere soll dabei geklärt werden, ob der Betriebsveräußerer und der Betriebserwerber als ein Entleiher im Rechtssinn anzusehen sind oder ob die Frist für die Überlassungshöchstdauer nach einem Betriebsübergang erneut zu laufen beginnt.
Hinweise RA Dr. Norbert Gescher
Die Entscheidung des EuGH darf mit Spannung erwartet werden. Vieles spricht dafür, den Betriebsveräußerer und den Betriebserwerber als einen Entleiher anzusehen, denn der Schutzzweck der Überlassungshöchstdauer könnte andernfalls leicht unterlaufen werden, indem ggfls. durch eine Kette von Betriebsübergängen für die betroffenen Mitarbeiter nicht steuerbare Wechsel des Betriebsinhabers erfolgen.
Gericht: BAG
Az: 9 AZR 264/23 (A)
Datum: 01.10.2024