top of page
AutorenbildNorbert Gescher

BAG: Variable Pausenzeiten und Vergütung

Ein Produktionsmitarbeiter wurde von der Beklagten mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden unter Einbeziehung des Manteltarifvertrags für die Beschäftigten und Auszubildenden in der Feinstblechpackindustrie (GMTV) vom 20.3.2018 beschäftigt. In § 5 (Regelmäßige Arbeitszeit) des GMTV findet sich folgende Regelung:

 

„5.1 Normale Vollzeit

Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 35 Stunden (‚normale Vollzeit‘). (…)

5.5 Lage und Verteilung der Arbeitszeit

5.5.1 Die tarifliche und wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden ohne Pausen kann gleichmäßig oder ungleichmäßig in der Regel von Montag bis Freitag verteilt werden, wobei 8 Stunden je Tag ohne Pausen bzw. 40 Stunden pro Woche nicht überschritten werden dürfen.

Eine davon abweichende Verteilung der Arbeitszeit in der Woche kann nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse bei Abwägung der Interessenlage der Beschäftigten mit dem Betriebsrat vereinbart werden. (…)

5.5.7 Beschäftigten im Dreischichtbetrieb wird die regelmäßige Arbeitszeit, die durch die gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause entfällt, bezahlt. (…)“

 

Die tägliche Arbeitszeit des Klägers ohne Pausen betrug werktags 7 Stunden und 40 Minuten und sonntags 11 Stunden und 25 Minuten, sodass die tarifliche Vollarbeitszeit im normalen Schichtrhytmus nicht erreicht wurde. In einer Betriebsvereinbarung waren deshalb ergänzend 19,18 Stunden „Einbringschichten“ mit einer Arbeitszeit von 7 Stunden und 40 Minuten vereinbart. Eine Anweisung, an welchem Ort die Pausen zu erbringen sind, gab es im Betrieb nicht. In der Regel nutzte der Kläger aber die Kantine, in der sich auch ein Monitor befand, der eventuelle Störungen an Maschinen durch Blinken tonlos anzeigt. Der Kläger hatte argumentiert, bei den in der Kantine verbrachten Pausen habe er sich gleichsam in „Daueralarmbereitschaft“ befunden. Allein die Möglichkeit, dass der sich dort befindende Monitor durch Aufblinken einen Störfall an einer Maschine anzeigt und er von einem Vorgesetzten hätte gebeten werden können, seine Pause zu unterbrechen, habe ihn in eine permanente „Hab-Acht-Stellung“ versetzt, die dem Erholungseffekt der Pause entgegengestanden hätte.

 

Der Kläger beantragte daher, die Pausenzeiten seien ihm wie Arbeitszeit zu vergüten und klagt auf Zahlung von 903,31 € nebst Zinsen für Juli bis Dezember 2021 Er unterliegt damit in allen drei Instanzen.

 

Das BAG stellt klar, dass der Wortlaut von § 5 Nr. 5.5.7 GMTV könne in keinem Fall so ausgelegt werden, dass im Drei-Schicht-Betrieb die gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause auch dann als eine „Erschwerniszulage“ zu vergüten zu, wenn keine regelmäßige Arbeitszeit entfalle.

Zudem widerspreche das Ergebnis weder nationalen, noch europäischen Regelungen zur Abgrenzung von Pause und Arbeitszeit. Verlangen demnach betriebliche Erfordernisse eine flexible Festlegung der Pausen, ist der in § 4 Satz 1 ArbZG vorgesehenen Anforderung des „im Voraus feststehend“ auch dann genügt, wenn der Arbeitnehmer jedenfalls zu Beginn der Pause weiß, dass und wie lange er nunmehr zum Zwecke der Erholung Pause hat und frei über die Nutzung dieses Zeitraums verfügen kann

 

Hinweise von RA Dr. Norbert Gescher

 

Der Kläger konnte hier nicht belegen, dass das Aufhängen der Servicemonitore in der Kantine dort verbrachte Pausen zu einer Art „Bereitschaftsdienst“ umgestalte. Gleichwohl zeigt sich hier ein Problem der Entgrenzung, dass in vielen Bereichen auftritt, in denen die Mitarbeitenden in den Pausen stets auch mit einem kurzfristigen Arbeitseinsatz rechnen müssen, etwa, weil sie allein zum Dienst eingeteilt sind. Deshalb kann in diesen Fällen auch weiter die Frage gestellt werden, ob dort den Anforderungen des BAG genüge getan wird, dass die Mitarbeitenden zumindest zu Pausenbeginn wissen, wie lange sie nunmehr Zeit zur Erholung haben. Eine Absage an bezahlte Pausen bei schlecht besetzten Diensten ist diese Entscheidung also gerade nicht!

 

 

 

Gericht:              BAG

Az:                     5 AZR 266/23

Datum:               21.8.2024

bottom of page