Dem Rechtstreit lag zunächst eine typische Ausgangssituation zugrunde. Der Betriebsrat eines Nahverkehrsunternehmens hatte den Beschluss gefasst, Mitglieder an einer BR-Schulung teilnehmen zu lassen (u.a. "Der gläserne Arbeitnehmer"). Der Arbeitgeber hatte dies unter anderem mit der Begründung abgelehnt, da das Thema für alle Betriebsräte von Interesse sei, solle die Schulung zum Datenschutz als Inhouseseminar durch den Datenschutzbeauftragten durchgeführt werden.
Daraufhin forderte ein anwaltliches Schreiben den Arbeitgeber auf, zur Vermeidung der Einleitung eines Beschlussverfahrens die umstrittene Seminarteilnahme zu bewilligen. Zugleich stelle der RA hierfür eine Rechnung in Höhe von 413,90 Euro netto. Der Arbeitgeber zahlte diesen Betrag, zog ihm dem von der Schulung betroffenen BR-Mitglied sodann aber von seinem Gehalt ab. Hiergegen wendet sich dieser mit seiner Klage. Während er in erster Instanz scheitert, geben ihm LAG und BAG Recht. Demnach hat der Arbeitgeber aus keinem rechtlichen Aspekt einen Anspruch auf Rückforderung dieser Kosten vom betroffenen Betriebsratsmitglied. Weder habe der Arbeitgeber eine sogenannte "Geschäftsführung ohne Auftrag" für den Betriebsrat geleistet, noch stelle sich die Zahlung für diesen als ungerechtfertigte Bereicherung dar.
Hinweise von RA Dr. Norbert Gescher
Die Entscheidung beleuchtet einen wichtigen Aspekt eines Dauerbrenners. Zunächst stellt das BAG noch einmal klar, dass nach § 37 Abs.6 BetrVG der BR berechtigt ist, durch Beschluss Mitglieder zu Schulungen zu entsenden. Der BR hatte hierüber zwar einen Beschluss gefasst, nicht aber über die anschließende Beauftragung einer Fachanwaltskanzlei zur Durchsetzung. Das BAG arbeitet heraus, dass in dem Beschluss über die Schulungsteilnahme nicht zugleich auch der Beschluss über die anwaltliche Durchsetzung liegt. Damit aber fehlte es für einen Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der RA Kosten bereits an einem Anspruch aus § 40 Abs.1 BetrVG.
In diesem besonderen Fall kam dies jetzt dem betroffenen BR zugute, denn mit Zahlung der Kostenrechnung hatte der Arbeitgeber keine Schuld des einzelnen BR-Mitglieds getilgt, das allein die Tatsache eines fehlen BR-Beschlusses nicht dazu führt, dass das einzelne Mitglied haftet. Auch ein erforderlicher "Fremdtilgungswille" fehlte, denn für die Anwaltskanzlei stellte sich die Überweisung gerade nicht als Zahlung für das betroffene BR-Mitglied dar. Die Entscheidung zeigt aber zugleich, wie wichtig es ist, ordnungsgemäße Beschlüsse zu fassen, bevor Kosten ausgelöst werden!
Gericht: BAG
Az: 7 AZR 338/22
Datum: 25.10.2023
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