top of page
  • AutorenbildNorbert Gescher

BAG: Keine Pflicht zur Einladung schwerbehinderter Bewerber:innen bei kirchlicher Körperschaft des öffentlichen Rechts

In diesem Verfahren hatte ein mit einem GdB von 60 schwerbehinderter Großhandelskaufmann sich bei einem evangelischen Kirchenkreis beworben. Der Kirchenkreis ist rechtlich eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hatte am 4.4.2020 für sein Verwaltungsamt zum nächstmöglichen Zeitpunkt „eine Stelle in Vollzeit mit 39 Wochenstunden (m/w/d) in der Finanzbuchhaltung“ ausgeschrieben. Als Qualifikationsvoraussetzung wurde genannt:


„Die Ausbildung zur/zum Verwaltungsfachangestellten oder eine vergleichbare kaufmännische Ausbildung sind wünschenswert“.


Die Bewerbung des Klägers erfolgte unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung. Mit Schreiben vom 15.5.2020 teilte ihm der Kirchenkreis mit, dass seine Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne. Zu einem Vorstellungsgespräch war der Kläger nicht eingeladen worden.

Der Kirchenkreis begründete dies damit, dass ihn die fachliche Qualifikation einer Mitbewerberin überzeugt habe. Daraufhin machte der Kläger die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern geltend und begründete dies mit einem Verstoß gegen § 165 Satz 3 SGB IX. Diese Vorschrift hat folgenden Inhalt:


„§ 165 Besondere Pflichten der öffentlichen Arbeitgeber

Die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden den Agenturen für Arbeit frühzeitig nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze (§ 156). Mit dieser Meldung gilt die Zustimmung zur Veröffentlichung der Stellenangebote als erteilt. Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Einer Inklusionsvereinbarung nach § 166 bedarf es nicht, wenn für die Dienststellen dem § 166 entsprechende Regelungen bereits bestehen und durchgeführt werden.“


Der Kläger ist der Auffassung, der Kirchenkreis gelte gemäß § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX als öffentlicher Arbeitgeber. Nachdem bereits die Vorinstanzen die Klage abgelehnt hatten, hat nun auch das BAG die dagegen gerichtete Revision zurückgewiesen.

 

Demnach bestehe die Einladungspflicht nach § 165 Satz 3 SGB IX zwar gemäß § 154 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX u.a. für Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dies betreffe aber nach dem allgemeinen verwaltungsrechtlichen Begriffsverständnis nur Körperschaften, die staatliche Aufgaben wahrnehmen. Demgegenüber dienen nach dem jetzt vorliegenden Urteil kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts demgegenüber primär der Erfüllung kirchlicher Aufgaben und es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Einladungspflicht auf kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts erstrecken wollte.

 

Hinweise RA DR. Norbert Gescher


Gemäß Artikel 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 8 WRV steht den Religionsgemeinschaften ein Anspruch auf Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu.  So sind etwa Kirchenkreise, Kirchengemeinden und Diözesen als Körperschaften des öffentlichen Rechts ausgestaltet. Das BAG stellt nun klar, dass sie damit aber nicht einem „öffentlichen Auftraggeber“ im Sinne von § 165 S.3 SGB IX gleichzustellen sind. Deshalb löste die nicht erfolgte Einladung zum Bewerbergespräch hier keine Entschädigungsverpflichtung aus.

 

Gericht:               Bundesarbeitsgericht

Az:                       8 AZR 318/22

Datum:                25. Januar 2024

 

Komentarji


bottom of page