Ein Headset-System, das es den Vorgesetzten ermöglicht, die Kommunikation unter Arbeitnehmern mitzuhören, ist eine technische Einrichtung, die zur Überwachung der Arbeitnehmer iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestimmt ist. Seine Einführung und Nutzung unterliegt auch dann der betrieblichen Mitbestimmung, wenn die Gespräche nicht aufgezeichnet oder gespeichert werden.
Im Streit stand in diesem Fall das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung und Nutzung von Headsets. Die Arbeitgeberin unterhält bundesweit zahlreiche Betriebe, darunter auch eine Filiale in D, in der mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Im Jahr 2018 schloss die Arbeitgeberin mit ihrem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur „Einführung und Anwendung von IKT-Systemen, Datenschutz und Informationssicherheit“. Diese sieht ua. vor, dass „mitbestimmungspflichtige IKT-Systeme … in Form einer Systemabsprache als Anlage zu dieser Vereinbarung in den mit dieser Vereinbarung geschaffenen Rahmen integriert“ werden. In der Folgezeit beschloss die Arbeitgeberin, für die Kommunikation der Arbeitnehmer innerhalb der einzelnen Filialen Headsets der Firma V zu verwenden. Im Jahr 2021 vereinbarte sie mit dem Gesamtbetriebsrat eine „Systemabsprache“ zum Einsatz dieser Geräte.
Das BAG hat nun entschieden, dass in der beschriebenen Ausgangskonstellation der Gesamtbetriebsrat, nicht aber der lokale Betriebsrat zuständig ist und hat daher dessen Antrag auf Unterlassung des Einsatzes der Headsets und der damit verbundenen Software zurückgewiesen.
Gleichzeitig bejaht das BAG, dass es sich beim Headset-System um eine technische Einrichtung iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt, da bei Nutzung der Headsets die Software bewirkt, dass die Sprache der jeweiligen Arbeitnehmer automatisch digitalisiert und über die Basisstation an die übrigen aktiven Headsets übertragen wird. Zudem werden die Registrierungsdaten der Headsets und der Zeitpunkt der Verbindung mit der Basisstation eigenständig vom Gerät erfasst und in einem Portal abrufbar. Die technische Einrichtung sei damit auch dazu geeignet und damit bestimmt, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.
Dies ergebe sich daraus, dass die in der Filiale tätigen Führungskräfte damit die Kommunikation der anderen Arbeitnehmer, die ebenfalls ein Headset verwenden, jederzeit mithören können.
Hinweise RA Dr. Norbert Gescher
Der Antrag war nur deshalb zurückgewiesen worden, weil es nach Einschätzung des BAG an der Zuständigkeit des lokalen BR fehlt, weil nur eine einheitliche unternehmensweite Regelung möglich sei. Hintergrund ist die einheitliche Administration der genutzten Software im ganzen Unternehmen. Streitig war zudem auch die ordnungsgemäße Beschlussfassung im Gremium. Hier hat das BAG zugunsten des BR angenommen, dass mit dem wirksamen Beschluss des Gremiums, gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Beschwerde einzulegen zumindest die notwendige Genehmigung erfolgt ist.
Gericht: BAG
Az: 1 ABR 16/23
Datum: 16.07.2024